Musterschulen in Bremen

MUSTERSCHULE I, Schutzentrum Neustadt, Gymnasium,
Bremen, Deutschland, 2002
Edeltraut Rath

MUSTERSCHULE II
Augustineum Secondary Schoo[,
Augustineum Windhoek, Namibia, 2003
Edeltraut Rath

MODELSCHOOL I
Schaaf Centre Neustadt, Secondary School,
Bremen, Germany, 2002
Max Edison Katshuna

MODELSCHOOL II
Augustineum Secondary School,
Windhoek, Namibia, 2003
Nicky Marais, Max Edison Katshuna

ENTWICKLUNGSPOLITSCHE BILDUNG MIT PINSEL UND GERÜST

Die Idee, dass Künstlerinnen aus unterschiedlichen Kulturen gemeinsam Wände gestalten ist nicht neu. Bereits Anfang der 90erJahre waren im Kontext „90 Jahre Entdeckung Lateinamerikas —
500 Jahre Kolonialismus“ gemeinsame Wandbilder von europäischen und lateinamerikanischen
Künstlerinnen entstanden. Ende 1997 entwickelte der Düsseldorfer Künstler Klaus Klinger ein Konzept für ein weltumspannendes Wandmalprojekt zum Thema Agenda 21. Auch in Bremen stießen diese Ideen auf Interesse, unter anderem bei entwicklungspolitisch Aktiven im Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz) und im Landesamt für Entwicklungszusammenarbeit (Lafez). Konkret wurde die Sache aber erst, als die Bremer Künstlerin Edeltraut Rath mit ihrem Kontakten nach Namibia dazu kam…
Entwicklungspolitische Bildung mit anderen Mitteln und Methoden: statt Vorträge und Diskussionen, die allzu oft nur den Intellekt ansprechen (können) und eine gemeinsame Sprache der Beteiligten erfordern, wecken Farben, Formen und Muster bei den Betrachterinnen Interesse und Gefühle und regen sie zu intensiverer Betrachtung, zum Nachdenken und Nachfragen an. Kunst und Kultur (Malerei, Musik, Theater usw.) gelingt mit ihren Mitteln (scheinbar) mühelos, womit sich die entwicklungspolitische Bildungsarbeit häufig schwer tut: Menschen für globale, oft unbequeme und schwierige Themen zu interessieren und ihnen bei aller gebotenen Ernsthaftigkeit noch die Freude an der Auseinandersetzung und am Lernen zu lassen. Lassen Sie die folgenden Fotos auf sich wirken oder besser, besuchen Sie eine der bemalten Schulen.
Bemerkenswert sind auch die Prozesse zwischen den Beteiligten während Wandbilder. Außer den
weitere Menschen direkt oder indirekt beteiligt (z. B. Schulleiterinnen, Lehrerinnen, Schülerinnen, Geldgeberinnen). Die Herausforderung mit anderen Arbeitsstilen und -formen umzugehen, nicht nur im künstlerischen Bereich, erforderte Toleranz und Geduld, führte aber auch dazu dass vorhandene Vorurteile als solche erkannt und abgelegt wurden.
Insgesamt ermutigen uns die guten Erfahrungen bei den abgeschlossenen Wandmalprojekten und die positive Resonanz auf die Werke, auch in Zukunft Künstlerinnen aus unterschiedlichen Kulturen in unsere Arbeit einzubeziehen.

DEVELOPMENT EDUCATION WITH BRUSH AND SCAFFOLDING

The idea of artists from different cultures jointly design/ag murals Is not new. Already at the beginning of the nineteen-nineties such murals were created by European and Latin American artists in the context of “500 Years Discovery of Latin America —500 Years of Colonialism“. In 1997, the Düsseldorf artist Klaus Klinger developed a concept for a global mural project concentrating Agenda 21 issues, which also met with a lot of interest at a number of organisations in Bremen, among them the Bremen Information Centre for Human Rights and Development (biz) and the State Office for Development Cooperation. But the idea was turned into practice only after the Bremen artist Edeltraut Rath with her Namibian contacts had become o partner…
Development education with new und different means und methods: Unlike presentations und discussions, which (can) only appeal to the intellect and require participants speaking a common
language, colours, patterns und form awaken the observer‘s interest in a different way; they appeal to
his emotions und make him think and take a closer look. Art und culture (painting, music, theatre etc.) often succeed seemingly without effort where traditional development education has trouble:
Getting people interested in global, sometimes difficult and even unpleasant issues, preserving at the same time the fundamental pleasure people find in learning und in tackling a problem. Take in the following photos or, even better, visit one of the “Musterschulen”.
The processes all participants underwent during the creation of the murals were rather remarkable, too. Besides the artists themselves, a large number of persons were directly or indirectly involved,
e.g. school headmasters and headmistresses, teachers, students und sponsors. Making
compatible completely different styles of work— not on/y of the involved artists — was a challenge which called for a lot tolerance and patience, but which in the end also contributed to realizing und reducing existing prejudices.

On the whole of good experiences gained in the completed projects und the positive reactions the murals met with encourage us to integrate artists from different cultures into our work again in the future.
Gertraud Gauer-Süß, Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung

MUSTERSCHULE I
Meine Kontakte mit Namibia begannen anlässlich meiner Ausstellung im April 2000 in der National Art Gallery of Namibia in Windhoek. Ich habe in dieser Zeit dort auch einen Workshop Für namibische Künstler gegeben. Zwei Jahre später, im Juli 2002, habe ich dann gemeinsam mit dem namibischen Künstler Max Edison Katshuna die Außenfassade des Schulzentrums Neustadt, Gymnasium künstlerisch gestaltet.

Musterschule 2002 nenne ich unsere Arbeit. Sie ist eingebunden in die Aktivitäten, globale Partnerschaften und internationale Zusammenarbeit, die Kultur als vierte Säule einer nachhaltigen Entwicklung, der Agenda 21, sieht. Die Wandmalerei fand statt im Rahmen des weltweiten Kunstprojektes www.mural-global.org. des Vereins Farbfieber und war als Austauschprojekt gedacht. Entsprechend stand auch das Thema Begegnung der Kulturen ‚Dialog Nord — Süd‘ im Vordergrund.

Die drei Betonbänder der Gebäudekonstruktion der Schule mit einer Fläche von ca. 700 m2 wurden mit starken Kontrasten: schwarz – weiß, kalt – warm, hell – dunkel gestaltet. Jedes Betonband erhielt seine eigene Grundfarbe in blauer, gelber und orangener Farbe. Die gelben und blauen Betonbänder, die jeweils für den Süden und den Norden unserer einen Welt stehen, wurden durch Muster und Ornamente von mir und durch afrikanische Motive von Max Edison Katshuna in Schwarz-weiß-Malerei gemeinsam durchbrochen. Obwohl jeder von uns beiden Künstlern seine eigenen Felder gestaltete, entstand doch ein großes Ganzes.

Geometrische Formen, Muster und Ornamente, mit denen ich mich schon seit Jahren beschäftige,
sind in allen Epochen und in allen Kulturen der Menschheit zu finden. Sie sind Ausdruck des
vielfältigen Gestaltungswillens der Menschheit. Auch wenn sie unterschiedliche kulturelle Codes beinhalten und von Künstlerinnen und Künstlern individuell variiert wurden und werden, wird diese Formensprache doch weltweit verstanden. Sie ist international So sind auch bei dem namibischen Künstler Max Edison Katshuna in den figürlichen Darstellungen der afrikanischen Welt diese geometrischen Formen als Gestaltungselemente zu finden. Die auf den ersten Eindruck vermeintlich großen Unterschiede lösen sich bei intensiver Beschäftigung häufig auf. Dort, wo sie bestehen bleiben, geben sie Anlass den eigenen Standort zu überprüfen.

Die Wandmalerei wurde am 2. August 2002, im Rahmen einer Feierstunde durch Bürgermeister
Herrn Dr. Henning Scherf, Bildungssenator Herrn Willi Lemke, die Staatsrätin für Kultur, Frau Elisabeth Motschmann, den Honorarkonsul von Namibia, Herrn Klaus Thesenfitz, und der
Vertreterin der namibischen Botschaft, Frau Dagmar Hohnsbein, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Das Schulzentrum Neustadt, Gymnasium ist durch die künstlerische Gestaltung und den Austausch mit Namibia zu einer MUSTERSCHULE im eigentlichen, übertragenen und konzeptionellen Sinn geworden.

MODELSCHOOL 1

My contacts with Namibia began with an exhibition of mine in April, 2000 in the National Art Gallery of Namibia in Windhoek. At the same time, I ran workshop for Namibian artists. Two years later in July, 2002, together with the Namibian artist, Max Edison Katshuna, I decorated the facade of the secondary schaol in the School Centre Neustadt.

I have named our work Model School 2002. It belongs to a group o[activities, global partnerships and international cooperation which sees culture as the fourth pillar of a long-lasting development known as Agenda 21. The wall painting was done as part of a world-wide art project www.mural-global.org conducted by the society Farbfieber and conceived as an exchange project. For this reason, the meeting oft he cultures was the main theme.
The three concrete strips of the school building, 700 square metres in all, were decorated using
stark contrasts, black and white, cold und warm, bright and dark. Each concrete strip was given its own basic colour, blue, yellow or orange. The uniformity of the yellow und blue concrete strips, representing the northern and southern hemispheres of our planet respectively, was broken both by my own patterns and decoration and by Max Edison Katshuna‘s African motifs. Both of us painted in black and white. Although we each took responsibility for our own separate sections, the end result was an artistic whole.

Geometric shapes, patterns and decoration, with which I have been occupied for years now, can
be found in all the different epochs and cultures of Man. They are an expression of Man‘s manifold
artistic striving. Even when they comprise a variety of cultural codes, and have been and will be interpreted individually by different artists, they are still understood all over the world. They are international. The selfsame geometric shapes can be found in the artistic work of Max Edison Kotshuna, in his portrayals of the African world. First impressions of seemingly large differences often fade away on closer inspection. And if they do remain, then they challenge the onlooker to reconsider his point of view.

The wall paintings were presented to the public an the 2nd of August, 2002, during a ceremony with
Bremen‘s mayor, Henning Scherf the Senator for Education, Willi Lemke, the Councillor for Art, Mrs.
Elisabeth Motschmann, Namibia‘s honoraryconsul, Mr. Klaus Thesenfitz and the representative of the
Namibian embassy, Mrs. Dagmar Hohnsbein.

The artistic decoration and the exchange with Namibia have mode the School Centre Neustadt a
MODEL SCHOOL in the true sense of the word but also in the figurative and conceptual sense.
Edeltraut Rath


D. Hohnbein, W.Kuhlmann, W. Lemke, H, Scherf, E. Rath, K. Thesenfitz, M.E. katshuna, E. Motschmann