Unterricht in „biblischer“ oder in „religiöser Geschichte“?

In Bundesland Bremen ist ein Streit über die Frage entbrannt, ob der Religionsunterricht reformiert werden müsse. In Bremen trägt dieses Fach die Bezeichnung „Biblischer Geschichtsunterricht“ (BGU).

Die Landesverfassung bestimmt in Artikel 32, dass dieser Unterricht ,,bekenntnismäßig nicht gebunden“ und auf „allgemein christlicher Grundlage“ erteilt wird. Der Sinn dieser bremischen Regelung: Die Kinder und Jugendlichen sollen nicht nach Konfessionsgruppen getrennt werden, sondern auch im Fach Religion gemeinsam lernen. In dieser besonderen Ausrichtung liegt der Unterschied zum konfessionell geprägten und getrennt erteilten Religionsunterricht, der in den meisten anderen Bundesländern üblich ist.
Diese liberale bremische Unterrichtspraxis geht den Bremer Grünen nicht weit genug. Die Bürgerschaftsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat am 24. September 2008, einen Entwurf für eine Neuregelung des BGU vorgelegt. Der Grünen-Parlamentarier Hermann Kuhn verlangt  eine Reform dieses Unterrichtsfaches mit dem Ziel: „ein für alle Schüler verpflichtender und neutraler Unterricht über die Geschichte der Religionen bis heute. Dabei werden  christliche, jüdische, muslimische und konfessionslose Kinder nicht nach ihrem Glauben aufgeteilt. Sie lernen gemeinsam mit- und übereinander.  Das führt zu mehr Toleranz und Respekt.“

Angesichts des hohen Anteils von Kindern und Jugendlichen mit einem Migrationshintergrund könnte der Vorschlag der Grünen auf den ersten Blick als eine zeitgemäße Alternative zur bisherigen Praxis des Religionsunterrichtes verstanden werden.

Das Ziel der Grünen „mehr Toleranz und Respekt“ ist zu bejahen, aber nicht ihre „Reformvorschläge“, die der Realität aus folgenden Gründen nicht gerecht werden:

1. Ein Blick in die Lehrpläne des BGU zeigt bereits, dass in diesem Fach auch andere Religionen behandelt werden.

2. „Toleranz und Respekt“ gegenüber diesen Religionen gehören seit langem selbstverständlich zu den Leitgedanken dieses Unterrichtsfaches.

3. Der Unterricht in BGU wird nicht im Sinne einer Missionierung gegeben, sondern als Wissensvermittlung.

4. Die Schüler an einer deutschen Schule – ganz gleich, aus welchem Kulturkreis sie stammen –  haben ein Recht darauf, zu erfahren, welchen Beitrag das Christentun für die Ausformung des privaten und öffentlichen Lebens in diesem Lande geleistet hat.

5. Aufgrund der Ausdünnung der religiösen Substanz in unserem Land sollte vielmehr darauf gedrungen werden, daß der BGU quantitativ und qualitativ auf hohem Niveau gegeben wird. Zurzeit werden in Bremen nur 15 bis 20 Prozent des geplanten Umfangs des BGU erteilt. Das ist ein Skandal. Er zeigt, wie wenig den für diesen Unterrichtsausfall Verantwortlichen bewußt ist, welche verheerenden Folgen für unser Menschenbild und für das gesellschaftliche Miteinander aus dieser Ignoranz resultieren.

Wir leben im christlichen Abendland und haben daher nicht nur das Recht, sondern die Pflicht unsere eigenen Wurzeln den Kindern zu vermitteln. Die Menschenrechte fußen auf dem Christentum und nicht auf anderen Religionen. Das Sozialsystem der westlichen Welt ist ohne die christliche Nächstenliebe nicht denkbar. Wie viele Menschen haben in tätiger christlicher Nächstenliebe im eigenen Land sowie weltweit Hilfsbedürftigen und Noteleidenden geholfen?

Unsere Kultur basiert ebenfalls auf dem Christentum und kann nur verstanden werden, wenn zuvor profunde Kenntnisse vermittelt wurden. Gleiches gilt für unser Rechtssystem, das die Zehn Gebote zur Grundlage hat. Schließlich sind es die christlichen Werte, die Kindern nahe gebracht werden sollten. Man kann nicht den Werteverfall beklagen und gleichzeitig sich vom Religionsunterricht auf allgemein christlicher Grundlage verabschieden.

All diese positiven Ergebnisse des Christentums sind auch dann nicht zunichte, wenn man den Missbrauch christlichen Gedankengutes etwa bei den Kreuzzügen, den Hexenverbrennungen oder im Dritten Reich bedenkt. Diese Verzerrungen sind trauriger Bestandteil der Kirchengeschichte, rechtfertigen aber nicht, den rechten Gebrauch christlicher Tradition zu verneinen oder den Kindern vorzuenthalten.

Die CDU-Fraktion in Bremen lehnt eine Verfassungsänderung zugunsten eines von „Bündnis 90 die Grünen“ geforderten Religionsunterricht auf allgemein religiöser Basis ab und teilt die Position der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), wenn sie in dieser Auseinandersetzung betont: Sie unterstütze weiterhin „den konfessionell ungebundenen Biblischen Geschichtsunterricht, weil er offen für alle Schüler ist, auch wenn sie Muslime sind oder gar keiner Religion angehören“. Allerdings sollte dieser Unterricht so wichtig sein, dass er nicht nur partiell (20 Prozent), sondern flächendeckend erteilt wird. Biblischer Geschichtsunterricht auf allgemein christlicher Grundlage sollte fester Bestandteil jeder Stundentafel sein. Das sind wir unseren Kindern schuldig.

Elisabeth Motschmann, MdBB, Bremen,
kirchenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion