Missbrauch zugewiesener Unterrichtsstunden in Biblischer Geschichte abstellen
Antrag der Fraktion der CDU
Rede in der Bremischen Bürgerschaft am 30. September 2010
Elisabeth Motschmann, MdBB
Anrede
Am Beginn meiner Rede soll ein Dank stehen: Ich bedanke mich bei den Schulen in Bremen und Bremerhaven, an denen noch Religionsunterricht („Biblische Geschichte auf allgemein christlicher Grundlage“)erteilt wird. Ich bedanke mich bei allen Lehrerinnen und Lehrern, die Biblische Geschichte unterrichten.
Immerhin: Ein Viertel der Schulen in den beiden Stadtgemeinden gibt an, den Unterricht in Biblischer Geschichte in der Sekundarstufe I vollständig zu erteilen. Darüber kann man sich nur freuen! Ein weiteres Viertel erteilt das Fach reduziert bei Nichterteilung in der 7. Oder 10. Jahrgangsstufe. Auch damit kann man zufrieden sein, denn in der 7. Jahrgangsstufe geht man davon aus, dass die Schülerinnen und Schüler zum Konfirmandenunterricht gehen.
Aber: Ein Viertel der Schulen der Sekundarstufe I in Bremen und die Hälfte der Schulen in Bremerhaven erteilen keinen Unterricht in Biblischer Geschichte. Das ist eine Bankrotterklärung.
Schlimm ist auch, dass 90% der Lehrkräfte fachfremd unterrichten. Sie haben also weder Theologie noch Religionspädagogik studiert. Ich möchte einmal wissen, was in diesem Hause los wäre, wenn 90% des Mathematikunterrichts von fachfremden Lehrkräften, wie z.B. der Handarbeitslehrerin gegeben würde oder 90% des Physikunterrichtes z.B. vom Sportlehrer? Gar nicht auszudenken!
Unverantwortlich ist darüber hinaus, dass zugewiesene Religionsstunden für andere Fächer genutzt werden. So z.B. für „Klassenrat, Klassenlehrerstunden, Projekte des Sozialtrainings, Verstärkung der Kernfächer, soziales Lernen, Welt- Umweltkunde“. Auch diese gängige Praxis in Bremen und Bremerhaven ist mit nichts zu rechtfertigen.
Wir stellen also fest: Immer mehr Kinder in unserem Bundesland wachsen ohne oder mit mangelhaften Kenntnissen im Fach Religion auf. Inzwischen ist es mindestens eine Generation. Solange ich in Bremen lebe, seit 1987, setzt sich die CDU für die Erteilung des Religions-unterrichtes ein. Leider ist das Bildungsressort, das seit 60 Jahren in sozialdemokratischer Hand ist, nicht in der Lage, den Ausfall der Religionsstunden wirksam zu bekämpfen.
Die Nichterteilung des Religionsunterrichtes führt zu gravierenden Wissens- und Bildungslücken.
Zum Verständnis unseres Sozial-, Werte- und Rechtssystems sowie unserer Kultur und Geschichte, unserer Kunst, der Musik etc. gehören zwingend Kenntnisse der christlichen Religion. Wer diese Kenntnisse nicht hat, versteht die Welt in unserem christlichen Abendland nicht mehr oder nur partiell.
Demnächst wird es dann auch Abgeordnete in der Bremischen Bürgerschaft geben, die gar nicht mehr wissen, warum CDU- Abgeordnete von christlichen Werten, vom christlichen Menschenbild oder vom C im Namen ihrer Partei sprechen. Das ist eine traurige Vision.
Und schließlich muss man sich fragen, wer eigentlich den Dialog mit anderen Religionen, dem Islam, dem Judentum, dem Hinduismus führen soll? Wer Brücken bauen will, muss seine eigene Religion kennen. Wer Toleranz üben will, muss seine eigene Religion kennen. Wer zum friedlichen Miteinander der Religionen beitragen möchte, muss seine eigene Religion, das Christentum, kennen.
Wenn es nicht genug Religionslehrer gibt, die bereit sind, das Fach zu unterrichten, dann können auch Pastorinnen und Pastoren eingesetzt werden. Sie sind in jedem Fall qualifiziert ausgebildet und können verpflichtet werden, das Fach auf „allgemein christlicher Grundlage“ gemäß Stundentafel zu unterrichten. Sie können davon ausgehen, dass Theologen unterscheiden können zwischen Konfirmanden- oder Kommunionsunterricht und einem Schulfach gemäß Landesverfassung Art. 32. Andere Bundesländer haben schließlich auch Wege gefunden. Art. 32 der Bremischen Landesverfassung (Bremer Klausel) darf nicht dazu führen, dass der Religionsunterricht überwiegend ausfällt. Das wäre ganz bestimmt nicht im Sinne der Verfassungsväter.
Bitte erklären Sie mir nicht, warum der Religionsunterricht in unserem Bundesland weithin nicht erteilt wird. Diese Erklärungen hören wir nun schon seit Jahrzehnten. Erklären Sie, wie dieser Missstand abgestellt werden soll. Denn die Situation des Religionsunterrichtes in unserem Bundesland ist
- schlecht für die Schulen
- schlecht für Bremen und Bremerhaven
- schlecht für die Bildung unserer Kinder
- schlecht für den Dialog der Religionen
- und schlecht für unserer Kinder.