Am 18. Juni 2009 gab Radio Bremen offiziell bekannt, dass Charlotte Roche die Nachfolgerin von Amelie Fried bei der Talkshow „3nach9″ werden soll. Am 11. September 2009 wird die Autorin von „feuchtgebiete“ das erste Mal moderieren. An der Seite von Giovanni di Lorenzo (Chefredakteur „Die Zeit“) wird sie die Gäste der Sendung befragen und mit ihnen diskutieren. Zu dieser Nachfolgeregelung nehme ich wie folgt Stellung:
Mit großem Befremden habe ich zur Kenntnis genommen, dass Charlotte Roche Nachfolgerin von Amelie Fried als Moderatorin bei „3nach 9″ werden soll. Sie bezeichnet sich selber als „perverse Sau“ (Weser Kurier v. 19.06.09) und als „Monstrum“ (buten un binnen v. 18.06.09). Im übrigen bekennt sie ganz offen: „Ich habe mich volle Kanne eingeschleimt, weil ich unbedingt den Job haben wollte.“ Man fragt sich, welcher Arbeitgeber so masochistisch ist, dass er sich derartige Äußerungen gefallen lässt? Hat diese „Einschleimung“ den Blick bei Radio Bremen getrübt? Oder war die Gier nach höheren Einschaltquoten Grundlage dieser Entscheidung? Will der Sender gleichziehen mit dem Privatsender „Viva“?
In einem Beitrag aus Wikipedia über „ Leben und Karriere“ von Charlotte Roche heißt es: „ Sie fügte sich selbst Wunden zu, um Bilder mit ihrem Blut malen zu können, probierte verschiedene Drogen aus oder rasierte sich eine Glatze.“
Ihr Buch, „Feuchtgebiete“ ist von der ersten bis zur letzen Seite obszön, pervers und bedient sich durchgängig einer Fäkalsprache, die ihresgleichen sucht. Abgesehen davon ist es inhaltlich dünn. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass „Feuchtgebiete“ mehr als 1,3 Millionen Mal verkauft wurde und das Buch mehr als sieben Wochen an der Spitze der Literatur- Charts stand. Sex, Crime und Pornographie verkaufen sich in der Regel immer gut. Dennoch hat der Verlag Kiepenheuer& Witsch „Feuchtgebiete“ nicht verlegt, weil er dieses „Werk“ als „pornographisch“ einstufte. Im „Stern“ (30. April 2008, S. 175) wird Charlotte Roche als „Zotenkönigin von Muschiland“ bezeichnet.
Die Gedankenwelt der „feuchtgebiete“ bewegt sich fern von jeglichen Wertvorstellungen:
- Sex mit ständig wechselnden Partnern. „Jeder im Bett ist besser als keiner.“
- „Ich kann mir sehr gut und gerne Sex mit meinem Vater vorstellen.“
- Kritiklos gegenüber Drogen
- Lust am Experimentieren mit blutgetränkten Tampons und einer Grillzange
- Christliches wird in den Dreck gezogen; „am Ende werden wir doch alle zu „Wurmscheiße“.
Ihren zukünftigen Kollegen Giovanni di Lorenzo kann sie jedoch mit nichts abschrecken, im Gegenteil. Di Lorenzo: „Mein Herz hat sie mit einer Antwort erobert, die sie Hubertus Meyer-Burckhardt in der ‚NDR Talk Show‘ gab – auf die Frage, wie sie selbst ihr Buch in einem Satz zusammen fassen würde.“ Roche habe erwidert: „Für Sie eine Wichsvorlage.“
Wenn schon die Obszönitäten der „feuchtgebiete“ kein Hindernis dafür waren, Charlotte Roche für die Talkshow „3nach9″ zu engagieren, so hätte es ihre Verächtlichmachung des christlichen Glaubens sein können. („Ich ziehe die Schublade auf. Die Bibel. Natürlich. Diese Christen. Die versuchen es aber auch überall. Nicht mit mir. Als Blickabschirmer ist sie gerade gut genug. Ich stelle sie falschrum, damit das Kreuz auf dem Kopf steht.“ Oder „Auf der Alm, da steht ne Kuh, halleluja, macht ihr Arschloch auf und zu, halleluhuja.“ )
Ob der „Zeit“-Chefredakteur ebenso schmerzfrei reagiert hätte, wenn Charlotte Roche statt über das Christentum über das Judentum und den Islam hergezogen wäre? Hoffentlich nicht! Bleibt die Frage, warum es in unserem Land offenbar so chic und karrierefördernd ist, wenn man die eigene Religion so verhöhnt?
Den Adolf- Grimme- Preis und den Bayrischen Fernsehpreis erhielt Charlotte Roche im Jahr 2004 für ihre Moderation im Privatsender „Viva“, also vor Erscheinen ihres Buches „feuchtgebiete. Vielleicht wird sich die ehemalige Moderatorin von „Viva“ in den ersten Sendungen von „3 nach 9″ zurücknehmen und versuchen, sich einen seriösen Anschein zu geben. Sie hat jedoch bereits angekündigt: „Ich kann ja niemanden verarschen und so tun, als wäre ich jemand anders.“ (Weser Kurier v. 19.06.09)
Der öffentlich rechtliche Rundfunk erhebt noch immer den Anspruch, sich im Hinblick auf Programm, Stil und Inhalt positiv von den Privatsendern abzuheben. Die Entscheidung, Charlotte Roche als Moderatorin einer beliebten Talkshow einzusetzen, zeigt wie weit Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Wenn Radio Bremen meint, auf diese Weise krampfhaft seine Einschaltquoten verbessern zu müssen, dann lässt sich der Sender auf ein Niveau herab, dass ich nur bedauern kann und erbärmlich finde. Immerhin finanziert der Sender sein Programm mit den Gebühren der Zuschauerinnen und Zuschauer. Das verpflichtet zu einer anderen Programmkultur als bei werbefinanzierten Privatsendern.
Wenn Radio Bremen meint, das Ansehen des Senders, das bedauerlicher Weise immer wieder mit Verweis auf sein früheres Profil in Frage gestellt wird, anzuheben, so ist eine solche Personalentscheidung kontraproduktiv. Profil gewinnt man mit einem seriösen, guten Programm sowie mit seriösen und guten Journalistinnen und Journalisten, von denen es genug gibt. Profil gewinnt man nicht, indem man Marketingentscheidungen um der Einschaltquote willen wichtiger nimmt als inhaltliche Gesichtspunkte.
So wichtig und richtig es ist, dass wir mehr Frauen in Spitzenfunktionen brauchen, so richtig ist es auch, dass diese Frauen gut ausgebildet, hoch kompetent und qualifiziert sowie seriös sein müssen. Nur so kann die Gleichberechtigung und gleiche Teilhabe an allen gesellschaftlichen Aufgaben voran gebracht werden. Charlotte Roche ist diesem Anspruch bisher nicht gerecht geworden.
Schließlich dürfen wir uns über den Werteverfall in unserer Gesellschaft nicht beklagen, wenn so umstrittene und niveaulose Moderatoren ausgewählt werden, um sie einer breiten Öffentlichkeit an herausgehobener medialer Position zu präsentieren. Einer weiteren Verrohung der Sprache und erst recht der Inhalte sollte der öffentlich rechtliche Rundfunk nicht Vorschub leisten.
In meiner Funktion als stellvertretende Vorsitzende des Fernsehausschusses von Radio Bremen möchte ich mich intern und extern für das Wohl des Senders einsetzen. Wenn jedoch derartig risikoreiche und problematische Personalentscheidungen getroffen werden, werde ich mich dazu auch öffentlich kritisch äußern und dabei Mandat und persönliche Meinung sauber trennen.