Auch Christen können der Präimplantationsdiagnostik (PID) zustimmen

Der Bundestag hat es unter strengen Auflagen erlaubt, Embryonen bei einer künstlichen Befruchtung auf Gendefekte testen zu lassen. Diese Entscheidung haben sich die Abgeordneten nicht leicht gemacht. Das ist verständlich, handelt es sich doch um eine ethische Grenzfrage. Gute und sehr ernstzunehmende Argumente hat es bei Befürwortern und Gegnern gegeben. Es verbietet sich, von Siegern oder Verlierern der Abstimmung zu sprechen.  Respekt und Toleranz gebühren beiden Seiten.

In Abwägung aller Argumente befürworte ich die Entscheidung, auch wenn ich diejenigen verstehen kann, die PID ablehnen. Dazu gehören die Kirchen. Sie sind enttäuscht. Die Haltung der Kirchen in dieser Frage darf jedoch nicht dazu führen, dass man den Unterstützern der PID das Christsein abspricht oder wie Kardinal Meisner Embryonentest mit dem biblischen Kindermord vergleicht. Auch Christen können der PID zustimmen.

Ich befürworte die Entscheidung des Bundestages, weil ich die Verzweiflung, die Angst und die Not der Eltern nachvollziehen kann, die befürchten müssen, eine schwere Erbkrankheit weiterzugeben oder mit einer Tot- bzw. Fehlgeburt rechnen zu müssen. Diese Paare brauchen nun nicht mehr ins Ausland zu reisen, ihnen kann jetzt auch in Deutschland geholfen werden.

Es ist ein Widerspruch, wenn man Föten mit einer Fruchtwasser-untersuchung testen und gegebenenfalls abtreiben darf, auf der anderen Seite aber verbietet, einen Embryo in der Petrischale zu untersuchen und bei einem schweren Gendefekt die Konsequenz zu ziehen. Es ist ein Widerspruch, wenn ein Kind im Mutterleib weniger geschützt ist als in der Petrischale. 

Eltern werden sich nicht leichtfertig für eine PID entscheiden. Auch darf man Eltern nicht unterstellen, dass sie sich nun „Designerbabies“ wünschen. Die Entscheidung für eine künstliche Befruchtung ist ohnehin schon schwer genug und setzt immer den großen Wunsch nach einem Kind voraus. Die Entscheidung für ein Kind wird durch die Möglichkeit der PID künftig für die Paare erleichtert, die befürchten müssen, schwerwiegende Erbkrankheiten weiterzutragen. Auch wenn eine PID kein Garant für ein gesundes Kind ist, so ist den betroffenen Eltern die größte Angst genommen.

Die Sorge, dass die Zulassung von PID in engen Grenzen zu einer negativen Einstellung im Hinblick auf behinderten Menschen in unserer Gesellschaft führen könnte, muss ernstgenommen werden. Dennoch ist die Integration von Behinderten in unsere Gesellschaft unumkehrbar. Behinderte sind willkommen und bleiben es auch mit der Bundestagentscheidung für PID. Wer die Befürworter von PID in die Nähe des berüchtigten Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten rückt, verabschiedet sich aus jeder ernsthaften Debatte und handelt unverantwortlich.

PID wird zu mehr Schwangerschaften führen. Die Folge sind mehr Kinder. Insofern dient die Entscheidung für PID dem Leben.

8. Juli 2011