„Pauschal – Kritik nicht verdient“

WESER REPORT, 2. Januar 2005

Staatsrätin Elisabeth Motschmann sieht in der bremischen Kulturpolitik viele Erfolge

VON JOCHEN BRÜNNER

Kultur-Staatsrätin Elisabeth Motschmann ist seit fünf Jahren im Amt und damit eine „Konstante“ der bremischen Kulturpolitik. Im Interview äußert sie sich zur aktuellen Situation.
WESER REPORT: Ein turbulentes Jahr liegt hinter Ihnen: Sie mussten sich an einen neuen Senator gewöhnen, sahen sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, und es gab personellen Wirbel innerhalb Ihres Ressorts. Wie fällt ihr persönliches Fazit aus?

ELISABETH MOTSCHMANN:
Das Jahr war in der Tat turbulent, aber darüber darf man die Erfolge nicht vergessen. Die Eröffnung der Stadtbibliothek und des Deutschen Tanzfilminstituts im alten Polizeihaus war ein Riesenerfolg. Wir haben das Theater saniert, und es ist so geworden, wie es sich alle gewünscht haben. Die Bremer Philharmoniker haben neue Proberäume. Drei Mitarbeiter aus dem Kulturbereich sind verantwortlich, dass das Rathaus in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen worden ist, obwohl vorher nur wenige daran geglaubt haben. Die Bewerbung zur Kulturhauptstadt ist zwar vor allem ein Werk von Martin Heller und seinem Team, aber was hätte er gemacht ohne eine solide politische Basis und ohne die lebendige Kulturszene, die wir auch unter schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen bislang erhalten haben?

Warum hat das Kulturressort dann so viel Prügel bezogen?

Das Kulturressort hat interne Probleme, aber das Ergebnis der Politik sieht gut aus. Mir tut es Leid um die engagierten Mitarbeiter in der Behörde, die diese Pauschal – Kritik nicht verdient haben. Für die großen Probleme in dieser Stadt ist nun wirklich nicht das Kulturressort verantwortlich.

Trotzdem hat man den Eindruck, Kulturbehörde und Kulturszene würden oft nicht Hand in Hand, sondern gegeneinander arbeiten…

Differenzen und Streit zwischen der Behörde und der Szene gibt es in allen Städten. Das ist aber nicht nur negativ, sondern wir treiben uns gegenseitig an. Natürlich streiten wir uns zum Beispiel mit Herrn Pierwoß, andererseits hat sein Engagement für die Kogge-Fahrt viele Leute zusammengeführt und entscheidend dazu beigetragen, dass wir bei der Bewerbung als Kulturhauptstadt alle an einem Strang ziehen.

Welche Signale empfangen Sie zur Bremer Bewerbung?

Ich habe gute Signale von Kollegen aus anderen Bundesländern gehört. Bremen liegt mit seiner Bewerbung weit vorn, und ich gehe fest davon aus, dass wir unter den vier Bewerberstädten sind, die die erste Runde überstehen.

Glauben Sie auch, dass die Bewerbung in der Bevölkerung noch gar nicht richtig angekommen ist?

Ich teile diese Diagnose. Die Mitarbeiter an vorderster Front haben eine andere Wahrnehmung. Das Projekt muss der Bevölkerung vermittelt werden. Da liegt noch viel Arbeit vor uns, aber es ist auch eine schöne Arbeit

Kultursenator Gloystein sagt, dass es schon eine Herausforderung sei, das Bestehende zu erhalten. Kann das Kulturressort bei der Dramatik der Lage überhaupt noch gestalten?

Die Szene hat gelernt, mit schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen zu leben und trotzdem tolle Projekte zu generieren. Dabei darf man nicht nur auf die Größen gucken wie die Museen oder die beiden Orchester, sondern man muss auch den Blick schärfen für die kleinen Einrichtungen im Stadtteil, die die Bürger unmittelbar vor ihrer Haustür finden und wo es keine Schwellen zu überwinden gibt. Wir haben in schwierigen Zeiten Neues möglich gemacht und werden dies auch weiterhin tun. Die Schwankhalle ist ein Beispiel dafür. Wir werden die Renovierung des Übersee-Museums fortsetzen, und auch die Projektmittel der Kulturhauptstadt-Bewerbung geben uns Gestaltungsspielraum.

Im kommenden Jahr wird sich das Ressort neu organisieren…

Erstmals seit der Amtszeit von Helga Trüpel werden wir nicht als Abteilung eines Groß-Ressorts dastehen, sondern als eigenständiges Ressort. Auch wenn wir die k.m.b. wieder integrieren, werden wir ihre Aufgaben erhalten. Wir haben eine Transparenz der Finanzen, die es nie zuvor gegeben hat, und auch die Hilfestellungen für die Einrichtungen waren früher so nicht leistbar.

Was wünschen Sie sich für 2005?

Wenn wir die erste Stufe der Kulturhauptstadt-Bewerbung überstanden haben, ist das ein guter Grund zum Feiern. Und in der Folge wollen wir den daraus entstandenen Rückenwind nutzen.

ZUR PERSON
Elisabeth Motschmann ist seit 1999 Staatsrätin für Kultur. In dieser Zeit erlebte sie vier verschiedene Kultursenatoren. Zuvor war sie acht Jahre lang stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU in der Bremischen Bürgerschaft