Was ist für ein Kind vom ersten bis zum dritten Lebensjahr das Beste, zu Hause betreut zu werden oder in einer Kinderkrippe? Diese Frage müssen sich alle Eltern und auch alle Politiker stellen, wenn es um die Frage des Kindeswohls geht. Bisher war diese Frage eine rhetorische Frage, Die Antwort war ganz klar. Die häusliche Geborgenheit ist am besten, die Krippenbetreuung allenfalls am zweitbesten. Die aktuellen familienpolitischen Diskussionen lassen diese Klarheit vermissen.
Unbestritten ist, dass in Deutschland Kinderkrippen fehlen. Hier hat Frau v. der Leyen recht. Die Zahl der zerrütteten Familien hat deutlich zugenommen. Folglich gibt es immer mehr allein erziehende Eltern, die aufgrund ihrer Berufstätigkeit auf eine außerhäusliche Kinderbetreuung angewiesen sind. Zugenommen haben auch Kindesmisshandlungen. Der Fall Kevin in Bremen ist nur ein trauriges Beispiel von vielen. Niemand bezweifelt, dass für diese sehr unterschiedlichen Problemfälle der Staat ein bedarfsdeckendes Angebot an Betreuungseinrichtungen vorhalten muss.
Was aber ist mit all den Familien, die intakt sind und eine häusliche Betreuung ermöglichen können? Dies ist – das sollte man nicht vergessen – noch immer die überwältigende Mehrheit. Ihnen- insbesondere den Müttern – möchte man die Wahlfreiheit ermöglichen. Das klingt gut. Ist es aber wirklich gut – gut für die Kinder, insbesondere in den ersten Lebensjahren?
Der Wunsch vieler Frauen, Familie und Beruf zu vereinbaren ist verständlich und muss unterstützt werden. Aber warum kann man sich nicht vorübergehend eine Auszeit nehmen oder zumindest Teilzeit arbeiten, um des Kindes oder der Kinder willen? Vielen Frauen ist das geglückt. Das ist noch nicht einmal ein Opfer, weil die Zeit, die wir unseren Kindern schenken, keine verschenkte Zeit ist.
Im übrigen warnen Kinderärzte und Psychologen vor einer zu frühen Kollektivbetreuung von Säuglingen und Kleinstkindern und sprechen sich mehrheitlich ganz klar für die häusliche Betreuung aus. Und die meisten Eltern – sicherlich nicht alle- wünschen sich,
dass ihre Kinder in den ersten Lebensmonaten und Jahren zu Hause betreut werden.
So fragt man sich, warum häusliche Betreuung und Kinderkrippe als gleichwertig nebeneinander gestellt werden. Sind die Erfahrungen der ehemaligen DDR wirklich so positiv, wie das von manchen behauptet wird? Auch darüber gibt es kompetente Berichte, die alles andere als ermutigend sind. Wechselnde Betreuungspersonen sind für einen Säugling niemals so gut wie die konstante Betreuung der Eltern.
Fremdbetreuung wird staatlich hoch subventioniert. Wer hingegen sein Kind selbst versorgt, muss sich mit dem Kindergeld zufrieden geben. Der Vorschlag der CSU, Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen 150,- € im Monat zusätzlich zu zahlen, ist richtig und keineswegs abwegig. Man fördert damit nicht ein veraltetes Familienmodell. Wenn es uns wirklich um das Kindeswohl geht, dann ist die Unterstützung von Eltern, die bereit sind, ihre Kinder in den ersten Lebensjahren zu Hause zu betreuen, die beste Investition in die Zukunft.
Elisabeth Motschmann, MdBB
Staatsrätin a.D.
(verheiratet, Mutter von 3 Kindern)